Erfolgsstrategien für DJs und Events

FOM Hochschule für Oekonomie & Management Essen Studienzentrum Siegen Bachelor-Thesis zur Erlangung des Grades eines Bachelor of Arts (B.A.) über das Thema Probleme der elektronischen Musikszene in Deutschland – eine empirische Analyse der Ursachen zur Ableitung von Erfolgsstrategien für DJs von Christopher Wacker Betreuer: Prof. Dr. Bastian Staub Autor: Christopher Wacker 57482 Wenden Matrikelnr.: XXXXX Abgabedatum: 02. Juni 2016

Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis............................................................................. III Tabellenverzeichnis...................................................................................IV Abkürzungssverzeichnis ............................................................................ V 1 Einleitung .................................................................................................. 1 1.1 Relevanz des Themas und Problemstellung.............................................................1 1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit..........................................................................3 1.3 Methodik der Arbeit................................................................................................6 2 Definitorische Grundlagen ....................................................................... 9 2.1 DJs..........................................................................................................................9 2.2 Elektronische Musikszene.....................................................................................13 3 Entwicklung der elektronischen Musikszene ........................................ 17 3.1 Rückblick..............................................................................................................17 3.2 Status Quo ............................................................................................................22 4 Analyse der Probleme und Ursachen..................................................... 29 4.1 Analyseraster ........................................................................................................29 4.2 Gesellschaftliche Entwicklungen...........................................................................30 4.2.1 Theoretische Analyse .................................................................................30 4.2.1.1 Wertewandel .....................................................................................30 4.2.1.2 Erlebnisorientierung ..........................................................................34 4.2.1.3 Illoyalität ...........................................................................................35 4.2.1.4 Resümee............................................................................................37 4.2.2 Empirische Analyse....................................................................................38 4.2.2.1 Fragebogendesign und Studiendesign ................................................38 4.2.2.2 Ergebnisse .........................................................................................41

Inhaltsverzeichnis II 4.3 Entwicklungen bei DJs..........................................................................................48 4.3.1 Zunehmende Konkurrenz ...........................................................................48 4.3.2 Verändertes Anforderungsprofil .................................................................51 4.4 Entwicklungen in der Event- und Clublandschaft ..................................................54 4.4.1 Zunehmende Konkurrenz ...........................................................................54 4.4.2 Tradierte Angebote.....................................................................................55 4.4.3 Management-Fehler ...................................................................................56 4.5 Zwischenfazit........................................................................................................58 5 Ableitung von Erfolgsstrategien für DJs ............................................... 59 5.1 Analyseraster ........................................................................................................59 5.2 Wettbewerbsabgrenzung .......................................................................................60 5.3 Selbstvermarktung und Social Media ....................................................................63 5.4 Zusammenarbeit mit Booking Agenturen..............................................................67 6 Fazit ......................................................................................................... 69 6.1 Erkenntnisse und Grenzen der Arbeit ....................................................................69 6.2 Weiterer Forschungsbedarf und Ausblick..............................................................72 Anhang ....................................................................................................... 74 Literaturverzeichnis................................................................................ 111

Abbildungsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Struktur der Arbeit ........................................................................................ 5 Abbildung 2: Lokale DJs als Bestandteil der internationalen elektronischen Musikszene .. 12 Abbildung 3: Akteure und Einflussfaktoren der elektronischen Musikszene ..................... 16 Abbildung 4: Prozentualer Anteil der Art der besuchten Live-Musikevents ...................... 25 Abbildung 5: Anzahl der Personen in Deutschland, die in der Freizeit Clubs und Diskotheken besuchen, nach Häufigkeit von 2012 bis 2015 (in Millionen) .. 26 Abbildung 6: Anzahl der Personen in Deutschland, die in der Freizeit tanzen, nach Häufigkeit von 2012 bis 2015 (in Millionen) ............................................... 27 Abbildung 7: Beliebteste Freizeitaktivitäten, Hobbies und Sportarten in Deutschland nach häufiger Ausübung im Jahr 2015......................................................... 28 Abbildung 8: Wandel der elektronischen Musikszene im Vergleich früher und heute ....... 28 Abbildung 9: Analyseraster der gesellschaftlichen Entwicklungen.................................... 30 Abbildung 10: Geschlechterverteilung der Probanden....................................................... 41 Abbildung 11: Altersverteilung der Probanden ................................................................. 42 Abbildung 12: Mittelwerte der Items zur Selbstinszenierung ............................................ 42 Abbildung 13: Mittelwerte der Items zur Identifikation mit dem DJ und seiner Musik ...... 43 Abbildung 14: Vergleich Gesamtmittelwerte der Konstrukte Selbstinszenierung und Identifikation mit dem DJ und seiner Musik ....................................... 43 Abbildung 15: Vergleich Mittelwerte von vermittelter Jugendlichkeit bei jüngeren vs. älteren Personen........................................................................................ 44 Abbildung 16: Vergleich Mittelwerte von Interesse für die Musik des DJs bei jüngeren vs. älteren Personen .................................................................................. 45 Abbildung 17: Erwartungshaltung hinsichtlich Erlebnischarakter ..................................... 46 Abbildung 18: Loyalität gegenüber dem DJ bei Personen mit geringem vs. hohem Interesse an seiner Musik .......................................................................... 47 Abbildung 19: Ursachen des Wandels der elektronischen Musikszene.............................. 59 Abbildung 20: Gefüge der Erfolgsstrategien ..................................................................... 60 Abbildung 21: Wechselseitiges Austauschverhältnis zwischen der Persönlichkeit des DJs und seiner Musik ...................................................................................... 62 Abbildung 22: Erfolgsstrategien von DJs in einer gewandelten elektronischen Musikszene............................................................................................... 71

Tabellenverzeichnis IV Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Übersicht über geführte Experteninterviews ....................................................... 8 Tabelle 2: Überblick über die aufgestellten Hypothesen.................................................... 37 Tabelle 3: Operationalisierung der Konstrukte .................................................................. 39 Tabelle 4: Übersicht der Ergebnisse der Hypothesenprüfung ............................................ 47

Abkürzungssverzeichnis V Abkürzungssverzeichnis durchschnittl. durchschnittlich GDPdU Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen EDM Electronic Dance Music i. d. R. in der Regel WAV Waveform Audio File Format

Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Relevanz des Themas und Problemstellung Durch die stetige Weiterentwicklung der deutschen elektronischen Musikszene stehen die ihr zugehörigen Akteure unter zunehmendem Handlungs- und Wettbewerbsdruck.1 Die Vielfalt der Angebote nimmt zu und es ist für Clubs in den letzten Jahren schwieriger geworden, neue Besucher zu erreichen und als dauerhaft wiederkehrende Stammkunden zu binden.2 Neben den Veranstaltern und Club- bzw. Diskothekenbesitzern sind vor allem die DJs, d. h. die Schöpfer und Multiplikatoren der Musik, von den negativen Entwicklungen betroffen. Insbesondere bei lokalen DJs äußern sich diese durch geringe Gagen, da Clubbetreiber und Veranstalter oft nicht bereit sind, ihnen ein entsprechendes Budget einzuräumen. Überregional etablierte DJs haben für sie eine höhere „Anziehungsfunktion“ bezüglich Besuchern. Es wird daher für lokale DJs zunehmend schwieriger, Bookings auf überregionalen Events oder in bekannten Clubs zu bekommen.3 DJs sind heutzutage nicht mehr nur Plattenaufleger in Diskotheken, sondern sie sind gezwungen, sich gesellschaftlichen Trends anzupassen.4 Beispielsweise hat sich der Stellenwert der Musik verändert und physische Medien wie Vinylplatten werden durch digitale Formate wie MP3 und WAV Dateien ersetzt.5 Durch Raubkopien im Internet werden zudem die für den DJ wichtigen Plattenlabel und die Tonträgerindustrie vor Bedrohungen durch Umsatzeinbußen gestellt.6 Aus diesem Grund sind speziell lokale DJs gezwungen, sich neu aufzustellen und anders zu vermarkten. Hierbei stehen besonders DJs, die als Einzelperson auf Selbstvermarktung setzen, vor Herausforderungen, denn ihnen fehlt oftmals ein entsprechendes Marketing Knowhow.7 Ohne die fundierten Erfahrungen einer entsprechenden Agentur sind die Versuche von DJs, die auf sich gestellt sind, selten erfolgreich.8 Es gibt inzwischen in der Szene umstrittene 1 Vgl. Kinast (2016), o. S.; Thinius, Untiedt, (2013), S. 10; Kühn (2010), S. 15. 2 Vgl. Waltz (2014), o. S.; Hoffmann (2012), S. 21. 3 Vgl. Poschardt (2015), S. 518 f.; Handke (2013), o. S.; Lange, Bürkner (2013), S. 152; Stadler (2013), o. S.; Weinacht, Scherer (2008), S. 8. 4 Vgl. Kühn (2010), S. 15; Behne (2002), S. 27. 5 Vgl. Attias (2013), S. 15-42; Lange, Bürkner (2013), S. 151; Reighley (2000), S. 223. 6 Reitsamer (2013), S. 15 spricht von „Krise der Musikindustrie“; vgl. Braun (2009), S. 46 f.; Hoffmann, Janson (2009), S. 45; Riedel, Schreiter (2004), S. 64. 7 Vgl. hierzu auch Kapitel 4.3.2. 8 Vgl. Stassen (2015), S. 12.

Einleitung 2 Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell darauf abzielen, unbekannten DJs durch sogenannte „Ghost Producer“ einen Track9 zu produzieren und diesen dann werbewirksam durch gekaufte „Gefällt mir“ Klicks auf verschiedenen Social Media Plattformen10, wie z. B. Facebook11, zu verbreiten. I. d. R. sind diese DJs anschließend mittel- und langfristig nicht erfolgreich.12 Vor demHintergrund der skizziertenMarktentwicklung, welche in Kapitel 3 dezidiert dargelegt wird, stehen lokale DJs vor der Frage, wie sie ihre oftmals mit viel Leidenschaft ausgeübte Tätigkeit erfolgreich, d. h. gewinnbringend und langfristig, ausüben können. Sie haben folglich Nachholbedarf beim Thema Selbstvermarktung, denn nur wenige bekannte DJs, wie z. B. Sven Väth, schaffen den Durchbruch und können sich über Jahre hinweg gegenüber vielen Mit-Akteuren behaupten.13 Um sich erfolgreich zu positionieren und seine Bekanntheit dauerhaft aufrecht zu erhalten, ist es allerdings notwendig, eine gute Kenntnis des Marktes zu haben und Trends zu verstehen.14 Viele DJs besitzen jedoch lediglich „ein spezifisches Wissen über die Musikszene, in die sie involviert sind. Sie verinnerlichen durch ihren langen Aufenthalt in der Szene sogenanntes Szenewissen.“15 Durch das jahrelange Beiwohnen der Szene ist die Perspektive der DJs sehr eng und eingeschränkt – ihnen fehlt oft eine neutrale und übergreifende Sichtweise auf die Entwicklungen. Ihr Wissen ist inkorporiert, verinnerlicht und wenig expliziert.16 Die mangelnden Kenntnisse der DJs über das Zusammenspiel der verschiedenen Trends sind Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit, denn der Erfolg von DJs steht „in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand und den Strukturen der Musikszene“17. Indem die Arbeit den Kenntnisstand über die Entwicklung vertieft, leistet sie vor dem Hintergrund der umrissenen Problemstellung, welche auf den negativen Szeneentwicklungen basiert, einen Beitrag dazu. Der Ein- und Überblick über die verschiedenen Trends bietet DJs einen 9 „Track bedeutet „Stück“ oder „Nummer“, aber auch „Pfad“, „Weg“ oder „Route“ und außerdem „Tonspur“. Im Kontext der elektronischen Musik wird der Begriff „Track“ für das verwendet, was früher Song genannt wurde.“ Poschardt (2015), S. 300; vgl. hierzu auch Schneider (2009), S. 111. 10 Social Media Plattformen dienen dem Teilen von Ansichten, Informationen und Nachrichten sowie der Kommunikation und Vernetzung von Menschen, die in verschiedener Relationen zueinander stehen; vgl. Hettler (2010), S. 12 f.; Anderson (2010), S. 12. 11 Facebook wurde 2004 von Mark Zuckerberg an der Harvard University in Boston gegründet und bietet nicht nur Privatpersonen sondern auch Gruppen die Möglichkeit sich zu präsentieren; vgl. Brennick (2012), S. 34; Stoffels, Bernskötter (2012), S. 104. 12 Vgl. Khawaja (2013), o. S. 13 Vgl. Poschardt (2015), S. 379; Lange, Bürkner (2013), S. 159; Janson (2010), S. 15 ff.; Mahlstedt, Kloos (1999), S. 84 ff.; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 308 f.; Paoletta (1995), S. 28. 14 Vgl. Lewandowski (2013), S. 491. 15 Reitsamer (2013), S. 52; ähnlich: Waltmann (1998), S. 39 f. 16 Vgl. Peoples (2015), S. 9 f.; O’Grady (2013), S. 34; Reitsamer (2013), S. 52. 17 Reitsamer (2013), S. 12.

Einleitung 3 Mehrwert und beantwortet die Frage, wie sie sich in Anbetracht des aufzuzeigenden SzeneWandels erfolgreich vermarkten können. Neben der praktischen Problemstellung besteht auch eine wissenschaftliche Relevanz des Themas. Ein Grund für das wenig explizite Wissen der DJs über die Entwicklungen der Szene liegt darin, dass diese bislang unzureichend erforscht wurde. Clubs als auch DJs führen generell wenigMarktforschung durch und verpassen es somit, wichtige Erkenntnisse über ihre Zielgruppen bzw. Marktbegleiter zu generieren. Die wenigen Befragungen, welche in der Szene durchgeführt werden, konzentrieren sich oft nur auf z. B. das Einzugsgebiet und nicht auf die Ursachen und Problemfelder der Szeneentwicklung.18 Betrachtet man die bisherige wissenschaftliche Auseinandersetzungmit der elektronischenMusikszene, d. h. in welchem Maße sich entsprechende Forscher mit dem Thema beschäftigen, so lässt sich feststellen, dass hier nur wenige empirische Untersuchungen existieren, welche mit einer Problem- und Trendanalyse explizit den Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit betrachten. Es lässt sich konstatieren, dass das Thema der Entwicklung der Musikszene einen sehr geringen Anteil der Forschung ausmacht. Oftmals werden Einzel-Personen als Fallstudie betrachtet. Reitsamer, Fraser und auch Sicko bezeichnen daher den Forschungsstand zur elektronischen Musikszene als karg.19 Bei den wenigen Szene-Analysen herrschen einseitige Ausführungen zu wenigen Problemfeldern der elektronischen Musikszene vor. Dies verdeutlicht Anhang 1, welcher die in den jeweiligen Artikeln untersuchten Aspekte durch ein „✓“ kennzeichnet. Im weiteren Verlauf stellt die Arbeit die in den Spalten der Tabelle aufgeführten Inhalte detailliert dar. Mithilfe dieser Arbeit sollen sie zu einer ganzheitlichen Betrachtung ausgebaut werden. 1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit Aufbauend auf der dargelegten Problemstellung und dem Forschungsbedarf besteht der zentrale Zweck dieser Arbeit darin, den Erkenntnisstand über die elektronische Musikszene zu erweitern und damit einen wissenschaftlichen Beitrag für die Akteure dieser Szene zu leisten. Die angestrebten Erkenntnisse bieten wertvolles Hintergrundwissen und bilden die Basis für davon abzuleitende Erfolgsstrategien für DJs. Das zentrale Ziel der Arbeit ist es, die Entwicklungen der Szene aufzuzeigen und mittels theoretischer und empirischer Analysen zu erklären. Dies 18 Jerg (2009), o. S. berichtet von einer Gästebefragung der Club-Location „Posthalle“ in Würzburg, die auf das Einzugsgebiet sowie die Zufriedenheit mit der Anreise bzw. Parksituation abzielte. 19 Vgl. Reitsamer (2013), S. 9; Fraser (2012), S. 509. Sicko (1999), S. 7 formuliert dies folgendermaßen: „The demand for thoughtful, informed writing about techno is now greater than ever.“

Einleitung 4 bedeutet, dass die Arbeit ein umfassendes Verständnis für den Wandel und die Probleme der elektronischen Musikszene schaffen möchte. Hierzu sollen Ursachen für die aktuelle Situation identifiziert und empirisch validiert werden (1. Untersuchungsziel). Die Kenntnis der Ursachen ermöglicht eine Ableitung von Handlungsempfehlungen und erfüllt damit die Forderung der Praxis, konkrete Marketingmaßnahmen aufzuzeigen, die zum dauerhaften Erfolg von DJs beitragen (2. Untersuchungsziel). Die Erreichung dieser Untersuchungsziele soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit durch die Beantwortung nachfolgender Forschungsfragen sichergestellt werden. Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage: Wie sieht die aktuelle Situation in der elektronischen Musikszene aus und wie begründet sich dies? Die Beantwortung erfordert die Analyse eines ganzen Bündels von Einzelfragestellungen: • Welche bisherigen Entwicklungen (früher vs. heute) kennzeichnen die elektronische Musikszene? • Welche Aspekte bestimmen auf welche Art die aktuelle und zukünftige Situation der elektronischen Musikszene? Wie lassen sich diese Einflussgrößen bzw. Probleme beschreiben? • Welche Maßnahmen können DJs vor dem Hintergrund einer marketingwissenschaftlichen Perspektive im Rahmen einer effektiven und effizienten Vermarktung durchführen, um diese Probleme zu bewältigen? Welche Strategien sollten DJs verfolgen, um trotz dieser Entwicklungen erfolgreich zu sein? Das zentrale Ziel und die davon abgeleiteten Untersuchungsziele sollen dem Anspruch des Marketing als angewandte Realwissenschaft gerecht werden und Problemlösungshilfen für die Praxis bereitstellen, ohne die theoretische Perspektive in der Argumentation zu vernachlässigen. Die Motivation der Arbeit besteht – wie bereits angedeutet – darin, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Szene von Bedeutung sind und DJs eine konkrete Hilfestellung leisten. Der dargelegte Forschungsbedarf wird anhand eines auf die Problematik zugeschnittenen Untersuchungsaufbaus erarbeitet, welcher in der folgenden Abbildung 1 dargestellt und im Anschluss erläutert wird. Die Arbeit gliedert sich in insgesamt 6 Kapitel.

Einleitung 5 Abbildung 1: Struktur der Arbeit Kapitel 2 verfolgt das Ziel, eine definitorische Grundlage für die zentralen Begriffe dieser Arbeit zu legen. Hierzu wird in Kapitel 2.1 die Bezeichnung und Tätigkeit eines DJs ergründet. Die elektronische Musikszene wird in Kapitel 2.2 definiert und abgegrenzt. Kapitel 3 verdeutlicht die im Rahmen der Problemstellung angedeuteten negativen Entwicklungen der elektronischen Musikszene. Um die aktuelle Situation von DJs in Kapitel 3.2 zu verdeutlichen, wird zunächst in Kapitel 3.1 die frühere Situation zu Beginn und zu den Hochzeiten der elektronischen Musikszene kontrastierend dargelegt. Durch die Spiegelung der Anfänge mit dem Status Quo werden die Probleme der DJs deutlich. Wie durch die in Abbildung 1 nach oben ausgerichteten Pfeilformen angedeutet wird, verfolgt das vierte Kapitel den Zweck, die in Kapitel 3 aufgezeigten Probleme zu begründen. Hierzu wird zunächst in Kapitel 4.1 ein Analyseraster vorgestellt, welches dem Leser die Inhalte und Struktur des vierten Kapitels näher bringt. Anschließend werden die skizzierten Ursachen für 5.1 Vorgehen Analyseraster 4.1 Vorgehen Analyseraster EXPERTENINTERVIEWS (Qualitative Befragung) Kapitel 1 | Einleitung Kapitel 2 | Definitorische Grundlagen 2.1 DJs 2.2 Elektronische Musikszene Kapitel 3 | Entwicklung der elektronischen Musikszene 3.1 Rückblick 3.2 Status Quo Kapitel 4 | Analyse der Probleme und Ursachen 4.2 Gesellschaftliche Entwicklungen 4.3 Entwicklungen bei DJs BESUCHER-FRAGEBÖGEN (Quantitative Befragung) Kapitel 5 | Ableitung von Erfolgsstrategien für DJs 5.2 Wettbewerbsabgrenzung 5.3 Selbstvermarktung und Social Media 5.4 Zusammenarbeit mit Booking Agenturen Kapitel 6 | Fazit 4.4 Entwicklungen in der Event- und Clublandschaft

Einleitung 6 die Probleme der DJs fundiert dargelegt. Diese beinhalten gesellschaftliche Entwicklungen (Kapitel 4.2), Entwicklungen bei den DJs (Kapitel 4.3) sowie Entwicklungen in der Event- und Clublandschaft (Kapitel 4.4). Aufbauend auf den Ergebnissen der Problemdarlegung (Kapitel 3) und Ursachenanalyse (Kapitel 4) bildet die Darstellung von Erfolgsstrategien für DJs den Gegenstand von Kapitel 5. Im Sinne einer praxisrelevanten Arbeit erörtert dieses Kapitel Implikationen für DJs in Form von praktisch-normativen Aussagen. Abschließend befindet sich im sechsten Kapitel der Arbeit das Fazit. Dieses beinhaltet eine Reflexion der Erkenntnisse und Grenzen der Arbeit sowie Implikationen für weitere Forschungsaktivitäten im Themengebiet der DJ-Vermarktung als auch einen Ausblick auf zukünftig mögliche Entwicklungen und Trends. 1.3 Methodik der Arbeit Um fundierte Implikationen für DJs ableiten zu können, welche die aktuelle, problematische Situation der Szene widerspiegeln bzw. darauf aufbauen, wird die Methode der Primärforschung verwendet. Diese basiert im Gegensatz zur Sekundärforschung, welche zuvor gesammelte Daten re-analysiert, auf Primärdaten, die durch Verwendung von verschiedenen Verfahren zusammengestellt werden. Sekundärforschung betrachtet bereits vorhandene Daten wie Besuchszahlen, Umsatzstatistiken und vorher durchgeführte Studien.20 Die Primärforschung wird unterteilt in qualitative und quantitative Verfahren; beide ermitteln mit einem spezifischen Forschungsdesign neue Daten speziell für das im Fokus stehende Thema.21 Im Rahmen der qualitativen Forschung ist man meist um einen ganzheitlichen Blick auf das Forschungsproblem bemüht, indem oftmals nur wenige Probanden fundierte Einsichten geben. Methoden hierfür sind beispielsweise Interviews oder projektive Bild-Verfahren.22 Oftmals hat die qualitative Forschung aufgrund der Interpretation von nicht-standardisierten Daten einen explorativen Charakter, d. h. verschiedene Aspekte eines Themas sollen identifiziert und entdeckt werden.23 Quantitative Forschung hingegen zielt auf eine statistische Auswertung von 20 Vgl. Freter (2004), S. 44. 21 Vgl. Hollendsen, Opresnik (2015), S. 52. 22 Vgl. Drengner (2006), S. 162. 23 Vgl. Jann (2005), S. 1.

Einleitung 7 einer großen Anzahl von Befragten ab.24 Das klassische Verfahren ist eine standardisierte, variablen-orientierte Befragung.25 Quantitative Forschung hat oftmals einen konfirmatorischen Charakter, d. h. die Bestätigung bzw. Widerlegung von Hypothesen wird angestrebt.26 Wie Abbildung 1 andeutet, setzt die Arbeit auf beide Arten der Primärforschung. Der linke Teil der Abbildung zeigt an, dass Experteninterviews durchgeführt wurden, welche darauf abzielen, Expertenwissen zu erfassen. Hierbei geht es um Kenntnisse aus einem Sonderwissensbereich, die dem Interviewten aufgrund seiner Funktion oder seiner Erfahrung zu einem Spezialisten machen.27 Er spricht im Gegensatz zu biographischen Interviews nicht für sich als Person, sondern in seiner Funktion, stellvertretend für eine Gruppe.28 Die qualitativ-empirische Forschung dieser Arbeit erfolgt mittels eines problemzentrierten, halb-standardisierten Interviewleitfadens, bei welchem die Interviewten möglichst frei zu Wort kommen, aber mit dem Fokus auf eine Problemstellung, auf die der Interviewer immer wieder zurückführt.29 Hierbei geht es darum, den Experten in ein quasi normales Gespräch zu versetzen. Der Interviewer bringt seine thematische Kompetenz mit ein und bewegt den Experten durch fachkundige Rückfragen dazu, seinen gesamten Erfahrungsschatz zu offenbaren. Die Konzipierung des Leitfadens bedarf umfassendes und einschlägiges Vorwissen.30 Zweck der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Interviews war es, im Sinne einer explorativen Diskussion Hypothesen über den gesellschaftlichen Wandel zu generieren, den Wandel der elektronischenMusikszene zu skizzieren und Lösungsansätze abzuwägen. Insbesondere für den Vergleich der Ausgangslage der elektronischen Musikszene und der heutigen Situation war es nötig, Interviews mit schon lang etablierten Persönlichkeiten der Szene zu führen. Es wurden sechs Experteninterviews geführt, um Vermutungen über Sachverhalte, welche die spezifische Literatur nicht diskutiert, zu validieren. Um ein ausgewogenes Bild hervorzurufen, wurden drei Interviews mit DJs und drei Interviews mit Veranstaltern geführt. Tabelle 1 gibt den Durchführungsplan der Interviews wieder.31 24 Vgl. Hollendsen, Opresnik (2015), S. 54. 25 Vgl. Freter (2004), S. 44. 26 Vgl. Jann (2005), S. 1. 27 Vgl. Pfadenhauer (2009), S. 451 f. 28 Vgl. Kaiser (2014), S. 36. 29 Vgl. Kurz et al. (2009), S. 464. 30 Vgl. Pfadenhauer (2009), S. 453 ff. 31 Der in der Tabelle verwendete Begriff „Resident DJ“ bezeichnet einen DJ, der regelmäßig für eine StammVeranstaltung bzw. Diskothek auflegt oder dort angestellt ist; vgl. Fikentscher (2013), S. 139; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 277.

Einleitung 8 Die Interviews sind in den Anhängen 2-12 dokumentiert. Diesen vorangestellt ist ein StrukturSchaubild als Übersicht über die Inhalte der Interviews (Anhang 2). Anhang 3 und Anhang 8 listen die beiden Interviewleitfäden, die für die jeweiligen Expertengruppen zum Einsatz kamen, auf. Der zentrale Unterschied beruht auf dem 3. Frageblock, der ausschließlich den interviewten DJs galt, da diese im Gegensatz zu den Veranstaltern Empfehlungen für DJs geben können. Anhänge 4-6 geben die Ergebnisse der drei mit den DJs geführten Interviews an; Anhänge 9-11 fassen die drei Interviews mit den Veranstaltern zusammen. Die Quintessenzen der drei zuvor dokumentierten Interviews werden in den Anhängen 7 und 12 überblicksartig dargestellt.32 Tabelle 1: Übersicht über geführte Experteninterviews Die in Kapitel 4.2 im Fokus stehende Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungen als Ursache für die heutigen Probleme der elektronischen Musikszene bietet sich für eine quantitative Befragung an. In den Unterpunkten von Kapitel 4.2.1 werden Hypothesen, d. h. Vermutungen über gesellschaftliche Trends aufgestellt, die sich auf DJs auswirken. Diese werden deduktiv durch eine entsprechende Literaturauswertung sowie den zuvor geführten Experteninterviews abgeleitet. In Kapitel 4.2.2 wird dann eine konfirmatorische Überprüfung der aufgestellten Hypothesen durchgeführt. Hierbei sind vergleichbare Daten über die Meinung von Club-Besuchern von Bedeutung, weswegen ein standardisierter Fragebogen auf der Grundlage der Hypothesen ausgearbeitet und an Disco-Besucher verteilt wurde.33 Die Befragung zielt mittels einer großzahligen Probandengruppe auf möglichst hohe Aussagekraft der Ergebnisse ab, welche die Meinung bzw. Neigung der Club-Besucher widerspiegelt. 32 Der in der Tabelle erwähnte Warehouse Club gehört zu den ältesten Club-Marken in Europa, wie der eingescannte Flyer in Anhang 13 verdeutlicht. 33 Zum Studien- und Fragebogendesign siehe Kapitel 4.2.2.1. Interview Durchführungsplan Wann Wer Informationen über die interviewte Person DJs 29.12.2015 DJ Carolina Blue Aktueller Resident DJ in der Friesen Bar in Köln 29.12.2015 DJ Cristan Tauber Resident DJ in den 90er Jahren im Rheingold / Poison Club in Düsseldorf 02.01.2016 DJ Terry Jam Aktueller Resident DJ in der Diskothek Reichwaldz in Siegen Veranstalter 05.01.2016 Yena Kisla Veranstalter Warehouse Club / Events in Köln (älteste elektronische Musik Clubmarke in Deutschland seit den frühen 90er Jahren) 05.01.2016 Andre Brunsvelt Veranstalter der HouseKeeper Events in Hamminkeln und deutschlandweit auf elektronischen Musik Festivals vertreten seit 2003 06.01.2016 Philipp Berchthold Veranstalter der FOUR99 Events in Siegen seit 2004

Definitorische Grundlagen 9 2 Definitorische Grundlagen 2.1 DJs Die Bezeichnung DJ ist eine Abkürzung für „Diskjockey“.34 Das „Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache“ erklärt darunter eine Person, „die Platten präsentiert“ 35. Abgeleitet vom griechischen „diskow“, was so viel wie „Scheibe“ im Sinn von „Wurfscheibe“ bzw. „Diskus“ bedeutet, dient das Wort in den romanischen Sprachen als Ausdruck für „Schallplatte“, weil sich beide in der Form ähneln.36 Aus dem Englischen stammt der hintere Teil des Begriffs, „jockey“, welcher ein Ausdruck für Handlanger ist. Dies bedeutet, dass ein DJ im weitesten Sinne eine Person ist, die sich um Platten kümmert.37 Im Deutschen Sprachgebrauch hat sich mangels eigener Wortkreation ebenfalls diese Bezeichnung durchgesetzt.38 Früher wurden mit dem Begriff DJ ausschließlich Personen bezeichnet, die vorab aufgenommene Platten abspielen, was imEndeffekt sogar Radio-Moderatoren einschloss.39 Das Begriffsverständnis eines DJs hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert.40 Die Rolle des DJs hat sich gewandelt von einer „menschlichen Jukebox“ zu einemMusik-Direktor.41 DJs gelten heute als „celebrities, drawing crowds of dancers in the thousands, breaking world records for attendance.“42 Die Zeiten, in denen DJs als Hintergrundentertainer gesehen wurden, die einen Hit unverändert nach dem anderen abspielen, sind vorbei.43 DJs werden heutzutage als Künstler wahrgenommen.44 Sie verstehen ihre Platten nicht als fertig produzierte Musikstücke, sondern als Rohmaterial für ihre mehrere Stunden andauernden Musikblöcke, die sie bei ihren Auftritten auf Veranstaltungen spielen.45 Mit ihrer Musikauswahl und ihren Mixtechniken an den Plattenspielern und Mischpulten ziehen sie das Publikum in 34 Vgl. Poschardt (2015), S. 51; Mathei (2012), S. 5; Schneider (2009), S. 108; Wilke (2009), S. 68. 35 Kluge (2011), S. 146. 36 Vgl. Mezger (1980), S. 15 f. 37 Vgl. Poschardt (2015), S. 51; Schneider (2009), S. 108. 38 Vgl. Poschardt (2015), S. 52. 39 Vgl. Poschardt (2015), S. 52; Mathei (2012), S. 5; Reighley (2000), S. 11; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 112; Stibal (1977), S. 83. 40 Vgl. Reighley (2000), S. 11. 41 Vgl. Rietveld (2013), S. 91; Herman (2006), S. 32. 42 Reighley (2000), S. 11. 43 Vgl. Poschardt (2015), S. 494 f.; Reitsamer (2013), S. 9, 230. 44 Vgl. Hurley (2015), S. 74; Reighley (2000), S. 5; Sicko (1999), S. 85. 45 Vgl. Reitsamer (2013), S. 95; Reighley (2000), S. 13.

Definitorische Grundlagen 10 ihren Bann und animieren es zum Tanzen.46 DJs sind i. d. R. Solo-Künstler und treten selten auch als Duo auf.47 Arbeitswerkzeug der DJs war und ist zum Teil heute noch die Vinyl-Platte, welche auf dem DJ-Pult abgespielt wird.48 Üblicherweise bestand dieses DJ-Pult früher aus zwei Plattenspielern und einem Mischpult.49 Es besaß einen Schalter fürs Vorhören. Wenn eine Platte lief, drückte der DJ auf den Knopf, um die nächste Platte von dem jeweils anderen Plattenspieler vorzuhören. Das Publikum konnte dies nicht hören. Dann suchte er den Startpunkt der Platte, die er als Nächstes spielen wollte, um Pausen zwischen den Liedern zu vermeiden.50 Die Technik des Vorhörens ist auch heutzutage noch üblich, allerdings wurden die Plattenspieler mittlerweile durch digitale Player und einem digitalen Mischpult ersetzt.51 Dieses hat den ikonischen Status wie die Gitarre bei einem Rockmusiker.52 Die Kunst der Tätigkeit eines DJs besteht mittels des Vorhörens darin, schon vorher zu wissen, welches Lied darauffolgend gut ankommt.53 Dadurch, dass der DJ keine Lücken zwischen den einzelnen Tracks beim Abspielen zulässt, erzeugt er eine Endlos-Schleife von hoher Intensität, welche die Besucher in einen permanenten Trance-Zustand und Erregungsphasen54 versetzt. Ein guter DJ zeichnet sich durch ein perfektes „Beatmatching“, d. h. taktgenaues Angleichen der Geschwindigkeiten zweier Tracks aus und generiert somit einen permanenten MusikFluss.55 Die Besucher befinden sich dadurch in einer Art berauschenden Zustand, der durch rhythmische und melodische Monotonie weiter verstärkt wird und dadurch das Erlebnis des Club-Besuches wesentlich mitentscheidet.56 Die Besucher werden von der Musik des DJs auf 46 Vgl. Poschardt (2015), S. 264; Fraser (2012), S. 501; Montano (2011), S. 65; Schneider (2009), S. 43; Wilke (2009), S. 346; Herman (2006), S. 21; Nieswandt (2002), S. 13; Reighley (2000), S. 13; Hövel (1999), S. 34; Franz et al. (1980), S. 9. 47 Vgl. Sicko (1999), S. 11. 48 Vgl. Poschardt (2015), S. 276 ff.; Fikentscher (2013), S. 127; Garnier, Brun-Lambert (2013), S. 224; Nye (2011), S. 65; Riedel, Schreiter (2004), S. 19; Nieswandt (2002), S. 64. 49 Vgl. Poschardt (2015), S. 292 ff.; Garnier, Brun-Lambert (2013), S. 35; Reitsamer (2013), S. 89; Wilke (2009), S. 319; Schilling (1986), S. 82 f. 50 Vgl. Westbam (2015), S. 73 f.; Garnier, Brun-Lambert (2013), S. 24; Reighley (2000), S. 25, 111; Franz et al. (1980), S. 9. 51 Vgl. Poschardt (2015), S. 133; Attias (2013), S. 23, 26; Garnier, Brun-Lambert (2013), S. 275; Montano (2010), S. 398. 52 Vgl. Nye (2011), S. 89; Montano (2010), S. 399. 53 Vgl. Westbam (2015), S. 76; Janson (2010), S. 17. 54 Dies wird auch als „Flow“ bezeichnet; vgl. Fikentscher (2013), S. 142; Montano (2011), S. 65; Rietveld (2011), S. 10; Montano (2009), S. 82; Reighley (2000), S. 134. 55 Vgl. Hurley (2015), S. 75; Attias (2013), S. 24; Reitsamer (2013), S. 97; Mathei (2012), S. 55; Schneider (2009), S. 108. 56 Vgl. Hitzler, Niederbacher (2010), S. 155; Montano (2009), S. 82; Mezger (1980), S. 30, 136. Hall, Zukic (2013), S. 107 formulieren dies folgendermaßen: „By meshing together tracks in beautiful, unexpected harmony, the DJ completes the digital seduction of our ears.”

Definitorische Grundlagen 11 eine Art musikalische Reise geschickt.57 Durch Rhythmuswechsel und Intensitätsvariationen in der Musik beeinflusst der DJ die Stimmung der Besucher.58 Sie verbleiben oft 12 Stunden und länger in ein und derselben Lokalität und tanzen nicht selten über einen Erschöpfungszustand hinaus.59 Im Sinne einer negativen Abgrenzung wird mit dem Begriff DJ ein Musiker assoziiert, der kein richtiges Instrument spielt und keine handgemachte sondern per Knopfdruck produzierteMusik kreiert.60 Dennoch sind DJs moderne Musiker und Virtuosen, da es spezielles Wissen bedarf, um Software zum Auflegen und Produzieren61 von elektronischer Musik zu beherrschen.62 Der DJ ist frei in der Gestaltung innerhalb seines anspruchsvoll zusammengestellten Musikkonzepts, auf das er sich i. d. R. im Vorfeld vorbereitet.63 Im Gegensatz zu konventionellen Musikproduzenten komponieren DJs keine Lieder im klassischen Sinne.64 Insofern löst der DJ den herkömmlichen Künstlerbegriff ab und reetabliert ihn in renovierter Form.65 Im Gegensatz zu den Besuchern eines Konzerts von einer Band oder eines Orchesters, bei welchem die Musik live vorgetragen wird, gehen Fans von elektronischer Musik auf eine Veranstaltung, bei der eventuell der Track ihres favorisierten Künstlers innerhalb eines Mixes mit anderen Musikstücken von einem DJ abgespielt wird.66 Der DJ benötigt einen speziellen Platz in der Disco67, von wo aus er die Tanzfläche und das Geschehen gut überblicken kann.68 Er sollte die Stimmung der Besucher von seinem Pult aus wahrnehmen können, denn das Ergebnis seiner Arbeit ist abhängig von seinen Zuschauern, wie auch bei anderen Dienstleistungen, bei denen ein externer Faktor konstitutives Element der Leistungserbringung ist.69 Durch die meist erhöhte Position des DJs ist eine Wahrnehmung 57 Vgl. Fikentscher (2013), S. 143; Rietveld (2011), S. 10; Nieswandt (2002), S. 37, 153. 58 Vgl. Rietveld (2011), S. 9; Montano (2009), S. 85. 59 Vgl. Rietveld (2011), S. 6, 10; Haemmerli (1999), S. 248. 60 Vgl. Poschardt (2015), S. 467; Fraser (2012), S. 500; Numinos (2010), S. 57 ff.; Herman (2006), S. 22; Müller-Bachmann (2002), S. 127. 61 Beim Produzieren von elektronischer Musik handelt es sich um eine elaborierte Tätigkeit des DJs, welche in Form einer Vorbereitung auf das Auflegen zumeist im Studio bzw. zu Hause erfolgt. Das Produzieren von Tracks hat sich seit den 90ern etabliert; vgl. Rapp (2014), S. 219; Reitsamer (2013), S. 135. Vgl. hierzu auch Kapitel 5.2. 62 Vgl. Rapp (2014), S. 235; Attias (2013), S. 24; Mathei (2012), S. 56; Herman (2006), S. 36; Reighley (2000), S. 11; Rose (1999), S. 225. 63 Vgl. Rapp (2014), S. 24; Garnier, Brun-Lambert (2013), S. 15; Reitsamer (2013), S. 97. 64 Vgl. Reitsamer (2013), S. 135. 65 Vgl. Poschardt (2015), S. 24. 66 Vgl. Fraser (2012), S. 500; Sperlich (2007), S. 178. 67 Der Begriff „Disco“ wird innerhalb des Kapitels 2.2 näher erläutert. 68 Vgl. Schilling (1986), S. 82 f. 69 Vgl. Attias (2013), S. 41 f.; Hall, Zukic (2013), S. 111; Lange, Bürkner (2013), S. 160; O'Grady (2012), S. 95; Reighley (2000), S. 5, 134; Waltmann (1998), S. 39.

Definitorische Grundlagen 12 seiner Person durch die Disco-Besucher möglich. Dies wirkt zusammen mit den im Raum verstreut angebrachten Lautsprecherboxen, sodass von ihm eine Omnipräsenz ausgeht. Darüber beeinflusst er als Orientierungsperson das Kommunikations- und Bewegungsverhalten der Besucher. Der DJ regt somit die Gefühle der Club-Besucher an. Er hat eine dirigistische Funktion.70 „Zu einem gelungenen Club-Abend gehört auch die massenhafte Tanzbegeisterung der Masse, die sowohl für den DJ als auch für dieMenge ein Gütekriterium des Abends darstellt.“71 Auf diese Weise prägt der DJ jede einzelne Veranstaltung sowie auch den Stil der Disco.72 Grundsätzlich wird – wie Kapitel 1.1 bereits andeutete – zwischen einem überregionalen und lokalen Tätigkeitsbereich von DJs unterschieden.73 Während ersteres sich auf häufig global bekannte DJ-Stars wie z. B. David Guetta und damit dem Mainstream bezieht, berücksichtigen lokale DJs beim Auflegen regional bedingte kulturelle und soziodemografische Einflüsse.74 Sie legen nur in wenigen Clubs und auf elektronischen Veranstaltungen auf, die sich oft in ihrer Wohnnähe befinden. Sie prägen damit die Szene in ihrem lokalen Umfeld. Aus diesem wiederrum entsteht – wie Abbildung 2 zeigt – die internationale elektronische Musikszene.75 Abbildung 2: Lokale DJs als Bestandteil der internationalen elektronischen Musikszene 70 Vgl. Rietveld (2013), S. 94; Rietveld (2011), S. 9; Janson (2010), S. 17; Schilling (1986), S. 100 f. 71 Müller-Bachmann (2002), S. 136. 72 Vgl. Poschardt (2015), S. 379; Rapp (2014) S. 24; Montano (2010), S. 415; Franz et al. (1980), S. 135. Malchau (1991), S. 2 führt hierzu an: „Der DJ als Stimmungsmacher hat Macht und genießt seinen hohen Status.“ 73 Vgl. Montano (2013), S. 118; Montano (2010), S. 415; Montano (2009), S. 82. 74 Vgl. Robb (2002), S. 133. 75 Vgl. Montano (2009), S. 83. Lokale DJs

Definitorische Grundlagen 13 Der lokale DJ legt für geringere Gagen auf als berühmte internationale DJs. Das bedeutet allerdings nicht, dass nur der internationale DJ über gute Fähigkeiten beim Auflegen verfügt.76 Nur in manchen Fällen entfliehen DJs der Clubszene und werden ein jet-setting Phänomen, welches konstant von Clubs und Festivals angefragt wird.77 Die Ausführungen in dieser Arbeit konzentrieren sich auf lokale DJs, welche von dem Wandel stärker betroffen sind als international bekannte DJs. Über das Wirken in ihrer nahen Umgebung sind sie integraler Bestandteil der elektronischen Musikszene, welche nachfolgend definiert wird. 2.2 Elektronische Musikszene Mit dem Begriff der elektronischen Musik werden häufig die Genres „Techno“, „House“, „Trance“, „Drum & Bass“ sowie „Dubstep“ assoziiert.78 Die Bezeichnung Techno entstand zu Beginn der elektronischen Musik79 und entwickelte sich später in diese unterschiedlichen Stilisten weiter.80 Unter Techno wird heutzutage ein Genre der elektronischen Musik verstanden, in welcher Sprache, als gesprochenes bzw. gesungenes Wort, eine untergeordnete Rolle spielt, und der Rhythmus sowie Bassklänge stark im Vordergrund stehen.81 Dieser Genrebegriff wurde zum ersten Mal in Europa bereits Anfang der 80er Jahre von einem Frankfurter DJ namens Talla 2XLC verwendet und hat sich bei vielen DJs und Produzenten als Synonym bzw. Oberbegriff für elektronische Musik etabliert.82 Elektronische Musik entsteht durch die Verwendung von Hardware, Virtuellen Samples, Keyboards, Synthesizern und DrumMachines, welche mit Musik-Software auf demComputer produziert wird.83 Die Melodie-Arrangements sind oft eine einfache und charakteristische Aneinanderreihung von Tönen und Sound-Elementen, die sich während eines Tracks wiederholen.84 Negativ ausgedrückt handelt es sich bei elektronischer Musik um Klänge, die konventionell als 76 Vgl. Montano (2009), S. 82. 77 Vgl. Hall, Zukic (2013), S. 107. 78 Vgl. Westbam (2015), S. 167; Fraser (2012), S. 500. 79 Die Entwicklung der elektronischen Musik wird in Kapitel 3.1 näher dargelegt. 80 Vgl. Fraser (2012), S. 500; Mathei (2012), S. 157 f.; Raffeiner (2010), S. 12; Waltz (2010), S. 64; DJ Tanith (2009), S. 46. 81 Vgl. Poschardt (2015), S. 381, 384 f.; Ackerknecht (1999), S. 165; Keller (1999), S. 167 ff.; Schneider (2009), S. 7 f.; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 5. 82 Vgl. Hurley (2015), S. 73; Rapp (2014), S. 15; Mathei (2012), S. 33; Schneider (2009), S. 6; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 6. 83 Vgl. Fraser (2012), S. 500; Mathei (2012), S. 59 ff.; Montano (2010), S. 405; Numinos (2010), S. 58; Schneider (2009), S. 56; Hoffmann (2005), S. 39; Ackerknecht (1999), S. 160 ff.; Rose (1999), S. 223 f. 84 Vgl. Franz et al. (1980), S. 116.

Definitorische Grundlagen 14 monoton, metallisch und sogar maschinenförmig angesehen werden, welche allerdings ein großes Publikum begeistern.85 Die elektronische Musik fördert eine stark körperbezogene Tanzkultur, da sie physische Aktivität hervorruft.86 Die Körpersprache ist folglich das wichtigste Verständigungsmittel auf Veranstaltungen in der elektronischenMusikszene; es kommt darauf an, wie man sich bewegt, tanzt und sich kleidet.87 Im Rahmen dieser Veranstaltungen „werden gemeinsam erlebte Grenzerfahrungen am und durch den eigenen Körper beim Tanzen erlebt und vermittelt, die mit, aber auch ohne Drogenkonsum in einem tranceartigem Rauschzustand münden können.“88 Das Tanzen auf einer elektronischen Musikveranstaltung erfolgt selbstbezogen, aber gleichzeitig auch kollektiv-bildend.89 Die elektronische Musik ist ein globales, homogenes Phänomen, d. h. ClubBesucher finden in jedem Land die gleichen Tanzformen und Spielregeln auf entsprechenden Veranstaltungen vor.90 Aus diesem Grund spricht man von einer Szene. In einer Szene sozialisieren sich Personen (in diesem Fall die zuvor erwähnten Club-Besucher), d. h. sie sympathisieren mit der in der Szene vorherrschenden Kultur. Mit anderenWorten stellt die elektronische Musik ein soziales Phänomen dar.91 Dies äußert sich darin, dass entsprechende Personen ihr angehören wollen und sich eine gleiche Symbolik aneignen sowie einen gewissen Lebensstil adaptieren.92 Durch das geteilte Interesse an der elektronischen Musik entwickeln Szenemitglieder typische Einstellungen, Handlungs- und Umgangsweisen.93 Die gemeinsame Inszenierung hat einen ungebundenen, individuellen Charakter.94 Die Szenemitglieder müssen sich nicht zwangsläufig persönlich kennen, um sich als Gleichgesinnte identifizieren zu können.95 Das Gefühl der Zusammengehörigkeit bezieht sich nicht zwangsläufig auf geografische Orte und persönliche Interaktionen, sondern als Gemeinschaftsgesinnung, die durch Medien, Technologien, Ideologien und Vorbilder induziert wird.96 Denn die der Szene 85 Vgl. Hinz (2002), S. 149. 86 Vgl. Müller-Bachmann (2002), S. 135. 87 Vgl. Mezger (1980), S. 129. 88 Müller-Bachmann (2002), S. 135; ähnlich: Fraser (2012), S. 501 f. 89 Vgl. Rietveld (2011), S. 10; Wu (2010), S. 71. 90 Vgl. Mezger (1980), S. 51. 91 Vgl. Lange, Bürkner (2013), S. 154; Sicko (1999), S. 28; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 32. 92 Vgl. Müller et al. (2002), S. 14 f. 93 Vgl. Reitsamer (2013), S. 29; Hitzler, Niederbacher (2010), S. 155. 94 Vgl. Müller-Bachmann (2002), S. 135. 95 Vgl. Reitsamer (2013), S. 29; Hitzler, Niederbacher (2010), S. 157. 96 Vgl. Van Straten (2012), S. 68.

Definitorische Grundlagen 15 zugrunde gelegte Philosophie weitet sich auf viele Lebensbereiche, wie z. B. Sprache und Aussehen aus.97 Die Szene organisiert sich um bestimmte Leitpersonen, die keine formale Autorität haben, aber als Treiber fungieren.98 Die Szenemitglieder grenzen sich von anderen Kulturen und Stilen ab, d. h. die Szenenangehörigkeit dient der Distinktion.99 Die elektronische Musikszene ermöglicht den dazugehörenden Personen aus der Isolation herauszutreten und eine verbindende Solidarität zu erfahren.100 In diesem Zusammenhang spricht man auch von „massenhafter Individualisierung“ 101. Damit wird zugleich Zusammengehörigkeit und individuelle Besonderheit ausgedrückt.102 Menschen können damit ihr Geselligkeitsbedürfnis befriedigen.103 Im Gegensatz zum Begriff des sozialen Milieus ist der Begriff Szene nicht geprägt durch eine hohe interne Kommunikation, stattdessen bezieht er sich auf ein loses Netzwerk.104 Neben den DJs105 und den Besuchern bzw. Szene-Anhängern sind Veranstalter und Diskotheken der dritte zentrale Akteur der elektronischenMusikszene.106 Gemeinsam bilden sie die konstitutiven Bestandteile der Szene, wie die Mitte der Abbildung 3 verdeutlicht. Sie deutet an, dass die Szene ein Konglomerat aus drei heterogenen Gruppen ist.107 Die Szene wird beeinflusst durch viele (in der Abbildung hellgrau hinterlegte) Umfeld-Faktoren, welche z. T. in dieser Arbeit Erwähnung finden. Die in der nachfolgenden Abbildung benannten Veranstalter verantworten die Konzeption und (regelmäßige) Durchführung von Events, zu welchen die Besucher kommen. Diese können in speziellen Event-Locations (z. B. Lagerhallen und Einkaufspassagen) als auch in Diskotheken stattfinden. Letztere werden nachfolgend definiert. 97 Vgl. Poschardt (2015), S. 370; Fitzgerald (2011), S. 18; Schneider (2009), S. 88; Sicko (1999), S. 28; Mezger (1980), S. 50, 118 f. 98 Vgl. Lange, Bürkner (2013), S. 154; Waltmann (2000), S. 24 f. 99 Vgl. Müller et al. (2002), S. 15; Nieswandt (2002), S. 144. 100 Vgl. Müller-Bachmann (2002), S. 126. 101 Müller-Bachmann (2002), S. 135. 102 Vgl. Müller et al. (2002), S. 16; Müller-Bachmann (2002), S. 127; Mezger (1980), S. 50. 103 Vgl. Schilling (1986), S. 31. 104 Vgl. Lange, Bürkner (2013), S. 154. 105 Vgl. Kapitel 2.1. 106 Vgl. Reitsamer (2013), S. 30; Montano (2011), S. 64. 107 Vgl. Szepanski (1999), S. 190.

Definitorische Grundlagen 16 Abbildung 3: Akteure und Einflussfaktoren der elektronischen Musikszene (Quelle in Anlehnung an: Schilling (1986), S. 118.) Der Begriff „Disco“ lässt sich nicht so leicht definieren, obwohl er auf den ersten Blick wenige Interpretationsspielräume erkennen lässt. Eine etymologische Auseinandersetzung mit dem Wort vermittelt bereits wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung der elektronischen Discokultur wie auch über ihre Hintergründe. Ähnlich wie der im Kapitel 2.1 definierte Begriff „DJ“ beinhaltet die Bezeichnung Diskothek das Wort „Disc“, welches eine Schallplatte bezeichnet. Allerdings stammt die Bezeichnung „Disco“ für Veranstaltungsräume nicht direkt von dem Fremdwort für Schallplatte ab. Vielmehr entstand diese Bezeichnung aus der Abkürzung des wiederum im romanischen Sprachraum geprägtenWortes „discothèque“. Dieses müsste eigentlich in Analogie zu dem Begriff „bibliothèque“, der für eine „Büchersammlung“ steht, Schallplattensammlung bedeuten. Tatsächlich entsprach dies auch der ursprünglichen Begriffsbedeutung – im Französischen, wie auch im Deutschen. Der 1968 veröffentlichte Band 4 der „Brockhaus Enzyklopädie“ führt „Diskothek“ beispielsweise noch als „Plattensammlung; insbesondere Schallplattensammlung“ an. In den 60er Jahren hatte jedoch in Frankreich eine Entwicklung eingesetzt, die dem Begriff „discothèque“ allmählich ein neues Verständnis verlieh: Damals begannen französische Nachtlokalbesitzer, die bis dahin in ihren Clubs üblichen LiveBands aus Kostengründen durch Schallplattenmusik zu ersetzen. Sie nannten diese zukunftsprägende Einrichtung „discothèque“.108 108 Vgl. Sperlich (2007), S. 71. Besucher Musiklabel Technologischer Fortschritt Veranstalter DJs

Entwicklung der elektronischen Musikszene 17 Diese setzte sich bald international durch und auch in Deutschland kamen die ersten Diskotheken auf. Damit war der Begriff „Diskothek“ endgültig seines anfänglichen – logischeren – Inhalts beraubt. Von jetzt an stand er für eine bestimmte Form von gastronomischen Betrieben bzw. sozialen Treffpunkten, in denen zu Schallplattenmusik getanzt wurde.109 Merkmal einer Diskothek ist das Einlassritual mit den Selektionspraktiken von Türstehern. Eine Diskothek ist umso beliebter, desto schwieriger der Einlass ist.110 Wer in eine Diskothek reingelassen wird, gilt für den Moment als gesellschaftlich akzeptiert.111 Eine Abgrenzung zwischen Diskotheken und Clubs erfolgt heutzutage durch das jeweilige Fassungsvermögen an Besuchern. Clubs sind i. d. R. kleiner als Diskotheken. Auch gibt es bei Clubs eine stilistische Ausrichtung auf nur ein bis zwei Tanzbereiche, wohingegen Diskotheken den Besuchern oft mehrere Stilrichtungen auf verschiedenen Tanzflächen anbieten.112 In dieser Arbeit wird der Begriff Diskothek bzw. Disco mit Club gleichgesetzt, da darunter jeweils eine Lokalität bzw. Räumlichkeit zu verstehen ist, in der regelmäßig Partys veranstaltet werden.113 3 Entwicklung der elektronischen Musikszene 3.1 Rückblick Historisch betrachtet handelt es sich bei im ökonomischen Sinne erfolgreichen DJs um ein neuzeitliches Phänomen, weil DJs erst in den 90er Jahren den Status von gut bezahlten Künstlern erlangten.114 Ihre Geschichte geht jedoch bis in die 20er Jahre zurück: bereits zu dieser Zeit hatten Radio-DJs in den USA mit ihren Sendungen wichtigen Einfluss auf die Verbreitung von Musik und prägten damit den Geschmack der Hörer. Allerdings führen die Ursprünge der DJTätigkeit – das Auflegen von Schallplatten zur Unterhaltung eines Publikums – zurück zu der auf Jamaica entstandenen Sound-System-Kultur der 50er Jahre.115 Die in Kapitel 2.1 dargelegte und heutzutage geltende Definition eines DJs entstand erst, als sich DJs zu Produzenten und Remixern weiterentwickelten. Von der Idee geleitet, die Spieldauer existierender Soul- und Funklieder zu verlängern und sie mit einem „Disco-Beat“ und 109 Vgl. Rietveld (2011), S. 9; Reighley (2000), S. 21 ff.; Mezger (1980), S. 15 f.; Emenheiser, Sproles (1978), S. 682; Stibal (1977), S. 82. 110 Vgl. Rapp (2014), S. 44; Moore (2013), S. 68 f.; Gempp (2007), S. 16; Mezger (1980), S. 102 f. 111 Vgl. Gempp (2007), S. 16; Malchau (1991), S. 26. 112 Vgl. Mathei (2012), S. 105. 113 Vgl. Rietveld (2011), S. 9; Schäfer, Waltmann, Schäfers (1998), S. 32. 114 Vgl. Reitsamer (2013), S. 133. 115 Vgl. Reitsamer (2013), S. 11.

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